Familie

Pflegefamilie werden – der bürokratische Teil

Pflegefamilie werden Teil 1 Die Entscheidung

Der bürokratische Teil ist so schlimm, man muss richtig „blank“ ziehen, 1.000 Dinge ausfüllen und sogar seine Einkunftsverhältnisse offenlegen – super kompliziert und einfach nur „ahhhhhh“. Diese Worte haben sich in mein Hirn gebrannt und viel zu lange dafür gesorgt, dass wir das Thema Pflegefamilie nicht angegangen sind. Denn wenn es eins gibt was ich nicht ab kann, dann ist Bürokratie!

Als wir uns dann schließlich überwinden konnten und den bürokratischen Teil in Kauf nahmen, waren wir mehr als überrascht, als es losging.

Der bürokratische Teil ist alles andere als schlimm

Es begann mit einem ersten Telefonat und der Vereinbarung des 1. persönlichen Termins (zu dem ich im nächsten Teil komme). Heute konzentrieren wir uns rein auf den Papierkram und ich versuche euch alles etwas zu veranschaulichen. Solltet ihr noch Fragen haben, einfach wieder unter dem Blogpost fragen – ich beantworte jede eurer Fragen.

Was für Dokumente müssen ausgefüllt werden?

Am Ende dieses ersten Telefonats haben wir natürlich auch unsere Hausaufgaben bekommen, den andere als Bürokratie bezeichnen. Unsere Aufgaben bestanden aus folgenden zu erledigenden Punkten, Anträgen und Unterlagen:

  • Ärztliche Bescheinigung von beiden Elternteilen (stellt der Hausarzt aus)

Aber auch hier möchte ich euch direkt Ängste nehmen, denn bei vielen gehen jetzt direkt die Alarmglocken los. Was ist mit chronischen Erkrankungen, Depressionen….

Hierbei geht es in erster Linie darum, dass zum Zeitpunkt des Antrages keine lebensverkürzenden Erkrankungen gibt. Denn klar, wenn du Krebs hast oder eine andere Krankheit hast, die dein Leben verkürzen könnte, sollte man eben von der Aufnahme eines Kindes (welches ohnehin schon mit Verlusten leben musste) abgesehen. Ist logisch oder?

  • Erweitertes polizeiliches Führungszeugnis (bekommst du bei der Gemeinde)

Auch hier geraten viele in Panik, weil man bei dem Wort „erweitert“ direkt denkt, dass hier jedes Knöllchen dokumentiert wird. Aber auch das ist nicht der Fall. Beim erweiterten polizeilichen Führungszeugnis geht’s in erster Linie darum, dass potentielle Pflegeeltern weder zu Gewalttaten, noch zu Missbrauch o.ä. neigen. Warum das so ist, brauche ich wohl kaum zu erklären. Und auch wenn ihr jetzt denkt, dass sich wohl kaum ein Pädophiler für ein Pflegekind bewerbt lasst euch gesagt sein, dass in der heutigen Zeit einfach alles möglich ist.

Ob du jetzt mal geblitzt wurdest, den Führerschein abgeben musstest oder einen Beamten beleidigt hast, spielt hier keine Rolle und wird meines Wissens auch nicht dokumentiert. Ich jedenfalls bin Meister der Knöllchen und es gab keine Probleme 😉

  • Fragebogen für Pflegefamilien

Hier müssen viele Fragen (wie z.B. „Warum möchten Sie Pflegeeltern werden“?) beantwortet oder Kreuzchen gesetzt werden und es gab nur eine Frage, bei der ich mir selbst nicht klar war, was ich schreiben soll. Bei dieser Frage ging es darum, wie man mit einer Situation umgehen würde (die ja aber noch garnicht passiert ist). Genauer ging es darum, wie wir handeln würden, wenn Kindern uns oder den Geschwistern gegenüber aggressiv würden. Und wenn man eben nicht in der Situation lebt, ist es schwierig sowas zu beantworten. Aber wir haben eine Antwort gefunden und alle anderen Fragen waren wirklich kein Problem und der Fragebogen in knapp 15 Minuten ausgefüllt.

Es gibt in diesem Teil auch Fragen wie „würden Sie auch ein krankes oder behindertes Kind aufnehmen“ und es wird nach den persönlichen Präferenzen bezüglich des Geschlechts oder dem Alter eines Pflegekindes abgefragt. Und ja, man kann hier ganz offen und ehrlich antworten und sich ein Geschlecht oder Alter wünschen.

  • Kurzbericht Pflegeeltern (ähnlich wie ein Lebenslauf)

Hier werden neben den persönlichen Daten wie Geburtsdatum, Ort, Wohnort u.ä. auch kurz die Familienverhältnisse (leibliche Kinder, Eltern, Geschwister…) abgefragt. Auch nach dem Berufs- und den Einkunft Verhältnissen wird gefragt (Belege wie „Lohnabrechnungen“ etc. müssen dazu gepackt werden). Aber auch dieser Kurzbericht ist alles andere als aufwändig oder unangenehm zu beantworten und es ist ja klar, dass auch nach den Einkünften gefragt wird. An dieser Stelle kommt bei vielen das Gefühl von „blank ziehen“ auf. Aber es muss ja auch finanziell alles stehen und es gibt leider viele Menschen die Pflegeeltern werden wollen, um die eigene Haushaltskasse aufzubessern. Auch wenn’s abstrus klingt.

  • Warum spielt das Einkommen hier eine so große Rolle?

Man muss weder super reich sein, noch sollte man von Hartz4 leben. Man muss halt fest im Leben und auf eigenen Beinen stehen. Für die Zeit in der ein Pflegekind einzieht, sollte ein Elternteil zuhause bleiben können und der Lebensunterhalt mit nur einem Gehalt gestemmt werden können. Darum geht’s in erster Linie!

Der Kurzbericht wird von allen antragstellenden Personen ausgefüllt. In unserem Fall also von mir und meinem Mann.

  • Lebensbericht (ausführlicher Bericht über dein bisheriges Leben)

So! Das ist ein Teil, bei dem ich zuerst dachte „wow“ – wie soll ich denn mein ganzes Leben in wenigen Worten beschreiben, wenn andere ein ganzes Buch über ihr Leben verfassen. Aber auch das geht und wenn man erstmal dran ist, läuft alles von ganz allein.

Man beginnt mit der eigenen Kindheit und geht über bis ins jetzt. Dabei erwähnt mich die Momente, die einen besonders geprägt haben oder besonders in Erinnerung geblieben sind. Man darf und sollte auch Momente aufführen, die einen herausgefordert haben. Bei uns waren es z.B. die Geburt unserer ersten Tochter und die Zeit danach (Schreikind) und der frühe Tod des Opas.

Der Lebensbericht wird ebenfalls von allen antragstellenden Personen ausgefüllt. Witziger weise waren die Berichte von mir und meinem Mann (obwohl wir sie unabhängig voneinander geschrieben haben) am Ende total ähnlich. Für den Lebensbericht haben wir beide am längsten gebraucht.

  • Vollmacht zur Einholung der Schufa

Last but not Least muss man eine Vollmacht zur Einholung der persönlichen Schufa erteilen.

Auch hier bekommen viele wieder Angst. Denn so einen Schufa-Eintrag hat vielleicht der ein- oder andere. Aber ich bin der festen Überzeugung, dass wenn alles andere stimmt und ein „alter“ Schufaeintrag besteht, dass kein Grund für eine Ablehnung darstellt.

Bei all den auszufüllenden Dokumenten & Gesprächen ist das A und O Ehrlichkeit und Offenheit. Man kann über alles sprechen und sollte aus Scham oder Angst vor einer Ablehnung nichts verheimlichen. Das ist die Basis einer Zusammenarbeit mit dem Jugendamt und den Pflegefamilien. Denn am Ende ist es nicht nur eine wunderschöne Sache, sondern auch ein Job den man erledigt. Das sollte man nicht vergessen.

Beim nächsten Mal…

…geht’s mit den Gesprächen (bei denen beide Elternteile unabhängig voneinander unter die Lupe genommen werden), einer Sache namens „Genogramm“ und einer zu absolvierenden Schulung weiter!

Diese Gespräche oder auch die Schulung wurden von vielen die den Prozess durchlebt haben, als sehr unangenehm empfunden und beschrieben. Wie wir es erlebt und empfunden haben und was genau da so gefragt oder gemacht wird, erzähle ich euch nächstes Mal.

Daniela Wolf

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4 Kommentare

  • Avatar for Daniela
    Reply
    Angi
    9. Januar 2022 at 18:11

    Hallo, vielen Dank erstmal für die super übersichtliche Zusammenfadsung .
    Ist es denn so, dass man sich dann verpflichtet, nicht mehr arbeiten zu gehen? Also ich arbeite nicht in erster Linie des Geldes wegen, sondern weil mir mein Jo. Spaß macht und für mich ein notwendiger Ausgleich zum Mama-Alltag ist. Da die Kinder in dieser Zeit ja im Kindergarten sind, beeinträchtigt es das Kind ja an und für sich nicht. Organisieren muss man sich ja so oder so mit Kindern immer?!

    • Avatar for Daniela
      Reply
      Daniela
      14. Januar 2022 at 14:56

      Hey,
      danke dir !
      Also, in der Anfangszeit sollte sich eine Person rausnehmen können ausm Job. Aber das kommt auch total aufs Alter des Kindes an. Wenn du z.B. ein Schulkind aufnimmst, ist es ja ohnehin in der Schule und du kannst deinem Job genauso nachgehen, wie zuvor.
      Wenn du ein Kleinkind oder Baby aufnimmst, kannst du aber auch in Elternzeit gehen (so als wäre es dein eigenes Kind).

  • Avatar for Daniela
    Reply
    Julia
    9. Januar 2022 at 20:28

    Danke für Deine Sicht und Deinen Bericht, finde ich super spannend und lässt hoffentlich so manchen den Griff zum Hörer Macken.

    • Avatar for Daniela
      Reply
      Daniela
      14. Januar 2022 at 14:55

      Vielen Dank für dein Feedback

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