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Frühgeburt – Der holprige Start ins Leben

Babybauch

In der Regel dauert eine Schwangerschaft 40 Wochen bzw. 280 Tage. Doch durch verschiedenste Umstände kann es dazu kommen, dass eine Schwangerschaft nach weniger als 260 Tagen endet. In diesem Fall sprechen die Mediziner von einer Frühgeburt. Laut Studien der WHO, wird jedes zehnte Baby weltweit zu früh geboren, wobei die Tendenz steigt. In Deutschland kamen in den letzten Jahren durchschnittlich 63.000 Kinder jährlich vor der 37. Schwangerschaftswoche auf die Welt und gelten somit als „Frühchen“. Bei 8.000 Babys handelt es sich um Frühstgeborene, die vor der 30. Schwangerschaftswoche das Licht der Welt erblickten.

Ursachen für eine Frühgeburt

Beim Thema Frühgeburten ist es egal, ob die Schwangere in einem Industrie- oder Entwicklungsland lebt. Die Frühgeborenenrate liegt weltweit in etwa gleich hoch bei 10% (in Deutschland 9,2%). Während in den Entwicklungsländern mangelnde hygienische Zustände und ärztliche Versorgung eine große Rolle spielen, nehmen Forscher an, dass es hierzulande mit dem steigenden Alter der Mütter zusammenhängt. Es gibt viele Fälle bei denen sich keine genaue Ursache für eine Frühgeburt herausfinden lässt. Zu den häufigsten bekannten Auslösern gehören jedoch:

  • Genitale Infektionen der Mutter
  • Plazentainsuffizienz, Anämie und Schwangerschaftsvergiftung
  • Chronischer Stress aus Mehrfachbelastung der Mutter
  • Nicht diagnostizierte bzw. therapierte Zöliakie
  • Nicht therapierte Parodontitis
  • Rauchen
  • Diabetes bzw. Schwangerschaftsdiabetes
  • Fehlbildungen des Kindes und Chromosomenanomalien

Aktuelle Studien von 2014 durch die WHO konnten beweisen, dass durch das allgemeine Rauchverbot in öffentlichen Einrichtungen in Europa und Nordamerika die Zahl der Frühgeburten in diesen Ländern deutlich gesenkt wurde.

Überlebenswahrscheinlichkeiten

In den letzten Jahrzenten haben Forscher im Bereich der Neugeborenen-Intensivmedizin, die 1975 ihren Anfang nahm, wahnsinnige Erfolge erzielt. War es in den 70er Jahren kaum möglich gewesen ein Kind in der 25. SSW durchzubringen, liegen die Grenzen mittlerweile irgendwo zwischen der 22. und 24. Schwangerschaftswoche. Der fühestgeborene Mensch, der überlebt hat, kam im Jahr 2010 in Fulda mit einem Geburtsgewicht von 460 Gramm zur Welt. Sie hört auf den Namen Frieda und wurde nach nur 21 Wochen und 5 Tagen geboren.

Dennoch, die Überlebenswahrscheinlichkeit hängt stark von der Schwangerschaftsdauer ab. Für Kinder, die in der 24. und 25. Schwangerschaftswoche geboren werden, hat sich die Überlebenswahrscheinlichkeit durch Fortschritte in der Versorgung unreifer Frühgeborener auf etwa 70-85% eingependelt. Mit jeder weiteren Woche steigt die Überlebenswahrscheinlichkeit weiter an, bei 28 und 29 Schwangerschaftswochen liegt sie schon über 90%. Über eine Million Kinder sterben jährlich weltweit als Folge einer Frühgeburt. Damit ist es die häufigste Todesursache Neugeborener.

Probleme bei Frühgeborenen

Je früher und unreifer ein Kind geboren wird, desto mehr Komplikationen können auftreten. Die Mediziner der Neonatologie unterscheiden daher in verschiedene Frühgeborenen-Gruppen. Die erste Gruppe sind die Frühstgeborenen oder extreme Frühchen. Hierbei handelt es sich um Kinder, die zwischen der 24. – 28. Schwangerschaftswoche auf die Welt kommen. Anschließend die geborenen Babys in der 29. – 33. Schwangerschaftswoche, die Frühgeborenen und zu guter Letzt die spät Frühgeborenen 34. – 37. Schwangerschaftswoche.

Lungenreife

Die wohl größte Komplikation bei Frühchen stellt die ungenügende Lungenreife dar. Hier zählt jede Woche oder auch schon jeder Tag, den das Kind im Mutterleib verbringen kann. Hier kommt es, gerade bei den Kleinsten, zum Atemnotssyndrom oder auch IRDS. Die unreife Lunge produziert bei IRDS nur in geringem Maße Surfactant. Dadurch kollabieren Lungenbläschen, die dann am Gasaustausch nicht mehr teilnehmen können. Sauerstoffmangel und Atemnot sind die Folgen. Zur Behandlung wird das Frühgeborene intubiert und künstlich beatmet. Über den Beatmungsschlauch kann Surfactant in die Lunge eingebracht werden. Zur Vorbeugung können vor der Geburt bestimmte Mittel gegeben werden, die die Lungenreife fördern.

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Das Baby im Bauch!

Nierenfunktion

Bei einer Nierenunterfunktion der unreifen Niere wird kein Urin produziert. Deshalb sammeln sich im Blut Substanzen an, die ansonsten durch den Urin ausgeschieden würden. Darunter ist das Kalium von besonderer Bedeutung, da ein erhöhter Kaliumwert im Blut zu lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen führen kann.

Hirnblutungen

Zur Hirnblutung kommt es bei Frühgeborenen besonders unter der 32+0 Schwangerschaftswochen. Das Risiko ist jedoch höher, je jünger das Kind ist. Das Risiko für eine Blutung beträgt in Deutschland etwa 5–6 % für Kinder unter der 32. Schwangerschaftswoche und etwa 25 % für Kinder unter der 26. Schwangerschaftswoche. Ärzte unterscheiden in leichte (Grad 1), milde (Grad 2) und schwere (Grad 3) Blutungen. Grad 1- und Grad 2-Blutungen haben eine günstige Prognose, während bei einer Blutung dritten Gerades mit vorwiegend motorischen Behinderungen zu rechnen ist.

Magen- Darmtrakt

Die Darmbewegungen sind beim Frühgeborenen noch nicht regelmäßig. Daher kann es zu einem Stau im Darm kommen. In diesem Milieu wachsen Bakterien, die eine Ursache für die Darmentzündung, die nekrotisierende Enterokolitis (NEC) sein können. Im Röntgenbild können Luftbläschen inder Darmwand festgestellt werden. Bei einem möglichen Darmdurchbruch gelangt Luft in die Bauchhöhle.

Blutkreislauf

Der Ductus arteriosus ist eine Gefäßverbindung zwischen der Aorta (Hauptschlagader) und der Lungenaterie. In der Regel verschließt sich diese Gefäßverbindung bis 10 Tage nach der Geburt. Das Offenbleiben des Ductus arteriosus nach der Geburt führt zu Störungen des kindlichen Blutkreislaufes. Kommt es bei einem Frühgeborenen zum Sauerstoffmangel oder erhöhten Kohlendioxidwert im Blut, so ist der Kontraktionsreiz zum Verschließen nicht gegeben. Durch die Volumenbelastung kommt es zur einer Vergrößerung der gesamten linken Herzhälfte. Im Zweifelsfall ist ein operativer Eingriff nötig.
Netzhautschäden können durch eine Erkrankung der Netzhaut, bei der es durch eine Neubildung von Blutgefäßen zu Blutungen kommen kann, verursacht werden.

Immunsystem

Frühchen haben ein unvollständig entwickeltes, unreifes Immunsystem. Darüber hinaus kann das Immunsystem durch weitere Effekte der frühen Geburt geschädigt werden.

Maßnahmen bei drohender Frühgeburt

Bei einer drohenden Frühgeburt wird daher versucht, die Schwangerschaft so lange wie möglich zu erhalten, damit sich das Ungeborene im Mutterleib entwickeln kann und seine Organe Zeit haben, vollständig auszureifen. Ärzte gehen davon aus, dass dies bei normaler Entwicklung ab etwa der 34. Schwangerschaftswoche der Fall ist.

Die Schwangere muss aus diesem Grund in der Regel strenge Bettruhe halten und wird, sofern sie Wehen hat, im Krankenhaus überwacht. Dort geben Ärzte Magnesium und andere Medikamente, die die Wehen hemmen und die Muskulatur der Gebärmutter entspannen sollen. Falls notwendig, werden auch Medikamente gegeben, die die Lungenreife des Kindes beschleunigen sollen. Sollte sich der Muttermund jedoch bereits geöffnet haben, kann es sinnvoll sein in operativ wieder zu verschließen. Dies geschieht entweder mit einem Ring oder einer kleinen Schale, die vor den Muttermund gelegt wird.

Eine Schwangerschaft kann nur erhalten werden, wenn die Fruchtblase noch nicht geplatzt ist und sich der Muttermund noch nicht weiter als drei Zentimeter geöffnet hat. Andernfalls können Ärzte eine Frühgeburt nicht mehr verhindern und lassen der Geburt ihren normalen Lauf. In der Regel wird dann das Ungeborene per Kaiserschnitt auf die Welt geholt.

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